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Über dieses Buch

Das Arbeiten im Tandem – und wie es klappen kann.

Es sind ja immer nur einzelne Bilder, die Geschichte prägen, wissen die Historiker. Das trifft für die Schlacht von Iwojima genauso zu, wie für das schreiende Kind, das nackt und voller Angst aus einem gerade von der US Airforce bombardierten Dorf in Vietnam flieht. Was im Großen stimmt, das hat auch im Kleinen seine Berechtigung. Und so hatte auch ich meinen - die Älteren unter den Lesern kennen das Wort noch: meinen Gusenbauer Moment. Die eine Reportage, wo eine Kamera, die eine besonders realistisch wirkende Filmmontage machen soll, tatsächlich etwas einfängt, was im Objektiv einer Kamera selten ist: die Wahrheit. So ging es dem Ex-Bundeskanzler Gusenbauer mit dem authentisch gemeinten (und gefilmten) politisch aber toxischen Sager vom „üblichen Gesudere“ So erging es zwei Lehrern bei der Wir-machen-eine-tolle-neue-Mittelschule-und-unterrichten-mit-einem-zweiten-Kollegen Doku, als in einer ORF Sendung irgendwann um 2010 ein Bericht über die ersten Modellschulen der NMS zu sehen war. Gezeigt wurde eine längere Unterrichtssequenz in einer NMS irgendwo in Österreich. Während sich die eine Kollegin enervierend be- und abmühte, stand der anderer Kollege mürrisch und stumm und mit verschränkten Händen abseits, immer bemüht nicht ins Kamerabild zu stolpern. Was hier unfreiwillig ehrlich als Zukunft der Hauptschulen präsentiert wurde, zeigte wie nichts, was der erzwungene Einsatz zweier Lehrer in einer Klasse, neben einer Verdoppelung der finanziellen Ressourcen oftmals war: ein verbissener Rosenkrieg auf pädagogischer Ebene. Man mag nun einwenden, dass zwei Arbeitskräfte in anderen Berufen auch oft eng zusammenarbeiten müssen, obwohl sie keine persönlichen Freunde sind – da werde es doch auch in der Schule möglich sein. Wer so denkt, unterschätzt die Fülle an Entscheidungen, die Dichte der Abläufe und die Diffizilität sowie die Enge des Unterrichts. Lehrer treffen in einer Stunde mehr Entscheidungen als Linienpiloten oder OP-Ärzte. Ohne das direkt vergleichen zu wollen (falscher Unterricht führt nicht unmittelbar zum Tod…), gibt es eine Komponente, wo sich das Hinsehen lohnt: In allen Bereichen, in der Menschen dicht getaktet und unter Zeitdruck eng miteinander arbeiten müssen, gibt es etwas, das bei den Lehrern fehlt: klare Hierarchien. Jeder, der bei einer Lokalfeuerwehr mitmacht, weiß: Wenn die Kommandokette klar ist, können schnelle Entscheidungen auch in Stresssituationen getroffen werden. Das gilt bei den Piloten ebenso wie bei der Notoperation. Genau das fehlt in den „Lehrerteams“ aber meistens. Zwei auf Individualismus geeichte Pädagogenveteranen gegen ihren Willen zum gemeinsamen Unterricht in eine Klasse zu pressen, kann für wunderbare neue Erfahrungen sorgen, für die Kollegen sogar „spannend“ und zu einem „ergebnisoffenen“ Miteinander führen. In ganz vielen Fällen sorgt es aber für Kampf und Krampf. Viel Energie geht verloren, in den Bemühungen, den Grad zwischen kollegialer Abstimmung und halbwegs vernünftigem Unterricht zu finden. Die Reibungsverluste sind besonders hoch, wenn ein exzellenter Lehrer, der Unterrichtsideen, die ihm ad hoc einfallen, wie von selbst in den Unterricht einfließen lässt. Der weniger spontane Kollege hat hier nur die Wahl zwischen der Möglichkeit noch etwas zu lernen oder dem Pochen auf die gemeinsam erarbeitete Unterrichtsvorbereitung („War so nicht ausgemacht!“).